Der Schwandorfer Chronist Joseph Pesserl schreibt: Unter den Privathäusern
ragen mehrere an Höhe und Breite gegen andere
hervor. Sie gehörten wahrscheinlich zur Klasse der von Edelleuten
bewohnten Freihäuser, von denen sich zur Zeit (1866) nicht genau bestimmen
läßt, welche und wie viele diese Eigenschaft an sich getragen
haben. (1)
Im weiteren führt Pesserl einige Beispiele dieser ehemaligen Edelhäuser
auf. Das Anwesen Marktplatz 21 wird darunter
nicht erwähnt, jedoch können wir mit Sicherheit annehmen,
daß dieses Gebäude über Jahrhunderte der Sitz eines edlen
Geschlechtes gewesen ist, da es 1848 noch als früheres leuchtenbergisches
Beutellehen bezeichnet wird. (2)
Dieses Gebäude war nicht einfach ein Bauernhaus mit einem Handwerkergewerbe
im "Nebenbetrieb", sondern ein bürgerlicher
Besitz besonderer, bevorzugter Art, nämlich ein Lehen. Lehen,
das sich in den Händen von Bauern befand, nannte man
Beutellehen. Die Bezeichnung geht darauf zurück, daß der
Inhaber des Beutellehens die Abgabe bei der Erneuerung des
Lehens, den Lehensreich, eine Geldtaxe, in einem Beutel des Lehensherrn
zu entrichten hatte.
Bis Ende des 13. Jahrhunderts konnte ein Lehen nur besitzen, wer ritterbürtig war. Lehen in bürgerlichen Händen, Beutellehen also, gab es nicht. Was später als Beutellehen erscheint, war vorher einmal ein Ritterlehen. Die Beutellehen sind demnach gleicher Herkunft wie das Ritterlehen, sie sind aus dem Ritterlehen entstanden. Die Trennung von Ritter- und Beutellehen setzte im 15. Jahrhundert ein. (3)
Über den Besitz der Leuchtenberger in Schwandorf sind wir nur unzureichend informiert. Nur eine Notiz aus jener Zeit gibt uns Aufschluß, daß die Landgrafen von Leuchtenberg in Schwandorf Besitz hatten. Um 1225 verpfändet Graf Diepold der Jüngere von Leuchtenberg das Dorf Weiding und die Fischerei zu Schwandorf an einen Herrn Volkmar vor Deisingen für 20 Pfund und bevollmächtigt den Grafen von Ortenburg, die Pfänder zwischen Weihnachten und Sonntag Invocavit zurückzukaufen. (4) Dieses Haus war als Pfandsache nicht betroffen, da die Fischrechtsgüter der Stadt ausnahmslos in der Spitalstraße anzutreffen sind.
Der Stammsitz der edlen und freien Familie ist die Burg Leuchtenberg im gleichnamigen Markt. Dieses bedeutende Geschlecht der Oberpfalz nennt sich seit dem 12. Jh. Herren von Leuchtenberg, seit 1158 Grafen, seit 1196 Landgrafen und erscheint im 15. Jh. im Fürstenstand. Die Familie erlosch 1648 nach dem 30jährigen Krieg. (5) Durch die Eheschließung Mechtilde von Leuchtenberg mit Herzog Albrecht von Bayern ging der Besitz über in die Hände der kurfürstlich-bayerischen Familie Wittelsbach. (6) Die Steuern aus dem Grundbesitz mußten daher fortan an den bayerischen Staat bezahlt werden. (2)
Die Namen der jeweiligen Lehensinhaber sind noch im Dunkel der Geschichte
verborgen. In den erhaltenen Saalbücher und
Steuerlisten ist eine eindeutige Zuordnung zu einem bestimmten Gebäude
nicht möglich. Dies ändert sich erst 1727 mit dem Grundbuch für
die Stadt Schwandorf (8). Hier erscheint als erstes Geschlecht auf diesem
Haus die Familie Sedlmayer. Bei der Befragung zur Steuer erklärte
sie das Haus als "herkommen", d. h. im Erbwege erhalten. Der Name Sedlmeyer
läßt sich in den Kirchenbüchern nur bis zum Jahre 1709
verfolgen, so daß das Herkommen vermutlich von der mütterlichen
Seite stammt. Als Steuerwert werden 200 fl angegeben. Dieser Vergleichswert
befindet sich im oberen Drittel. Die höchste Steuer wird vom Bärenwirt
(Marktplatz 32) mit 450 fl entrichtet.
Die Eigentumsverhältnisse im 18. Jahrhundert haben sich durch eine
besondere Heiratspolitik sehr schwierig gestaltet. Der
Tuchmacher Jakob Sedlmeier hat zweimal die Ehe geschlossen. Die Witwe
aus zweiter Ehe, Eleonora geb. Deischl erwählte
sich zum zweiten Ehemann einen Tuchmacher namens Leonhard Schwarz aus
Neunburg v. W.. Auch diese Ehe hat der Tod
vorzeitig beendet und der Witwer hat hierauf noch weitere zweimal die
Ehe geschlossen. Die daraus resultierenden
verwirrenden Erbschaftsverhältnisse führten 1784 zum Verkauf
des Hauses. Im Tausch- und Kaufvertrag mit dem Handelsmann Johann Martin
Gruber aus der Spitzwegstraße 26 wurde vereinbart, daß das
Tuchmachergewerbe dorthin übertragen wird.
Das neu in diesem Haus aufgezogene Geschlecht der Gruber hat 44 Jahre
lang hier regiert. Diese Zeit war mit einem
fortwährenden Verkauf von Grund und Boden verbunden. Durch die
Veräußerung der zum Anwesen gehördenen landwirtschaftlichen
Grundstücke hat sich der Wert des Gesamtvermögens von 5.200 fl
auf 2.600 fl halbiert. 1828 ist
dann der Schwiegervater des Besitzers eingesprungen und hat das Gebäude
nebst allen Liegenschaften erworben. Dieser fand
bereits nach sieben Jahren in dem Zimmermeister Leonhard Pürzer
einen neuen Käufer.
Während der nur 23 Jahre dauernden Herrschaft des Pürzers
erlebte das Haus eine wirtschaftliche Blütezeit. Neben der
Kramergerechtigkeit werden noch Anteile an den Kommunbrauhäuser
und am Pfleghof als Eigentum aufgelistet. In
der Gemarkung Schwandorf besaß er 15 Tagwerk Grund und weiteren
Besitz in der Gemarkung Kronstetten. Nachdem die
Ehegatten Pürzer 1857 vor der Stadtmauer in der Bahnhofstraße
10 in ein von Grund auf neu erbautes Haus umgezogen waren, verkauften sie
dieses Haus an die Familie Einhenkel.
Der Gastwirtssohn, aus Weiden, Johann Christoph Einhenkel übernahm
den Kramerladen und führte diesen 35 Jahre bis zu
seinem Tode. Als weiteres Standbein seiner Unternehmertätigkeit
errichtete er, auf dem von seiner zweiten Ehefrau ererbten Grund, in der
Bahnhofstraße 2 das Bahnhofshotel. Auch der Sohn Karl führte
zunächst beide Unternehmen fort. 1901 erfolgte der Verkauf des Bahnhofhotels
und 1907 der Verkauf dieses Hauses.
Im Apotheker Ferdinand Altnöder wurde der neue Käufer gefunden.
10 Jahre lang waren nun die beiden nebeneinander
liegenden Häuser Marktplatz 21 und 22 in einem Eigentum vereinigt.
Während dieser Zeit erfolgte auch eine Korrektur
der althergebrachten Grundstücksgrenze. Begünstigt war die
Grenzberichtigung durch den Neubau des Nachbarn Josef
Fröhler. Seit 1917 gehen die beiden Nachbarhäuser wieder
getrennte Wege.
Mit dem Kaufmann Max Prechtl zog für 82 Jahre ein weiteres Geschlecht
in dieses Haus. Der Schuhmacherssohn aus Krondorf erwarb bereits 1909 das
Anwesen Marktplatz 18. Als sich ihm 8 Jahre später die Gelegenheit
bot dieses größere Gebäude zu erwerben, hat er den bisherigen
Besitz aufgegeben. Er brachte nicht nur das Zeitalter der Elektrizität
in das Haus, sondern auch als Gründer einer Musikkapelle war er und
sein Bruder Johann Prechtl in Stadt und Land bekannt. (8)
Die Heiratspolitik im Hause
Jacobus Sedlmeiers erste Ehefrau Maria Margarethe Kreuzeder stammt aus dem Anwesen Marktplatz 28, die zweite Ehefrau Anna Eleonora Deischl ist zwar in Schwandorf geboren, das Geburtshaus selbst läßt sich jedoch nicht mit Sicherheit festlegen.
Die Tochter Catharina aus der zweiten Ehe wird nach der Eheschlieáung die Seilersgattin Wagner im Hause Marktplatz 12. Die weitere Tochter Anna Dorothea wird die Schneidersgattin Rieger im Anwesen Rathausstraße 4 (Rieger-Spund).
Der Tuchmacher Leonhard Schwarz nimmt sich als zweite Frau die Schmiedstochter Maria Anna Tretter aus der Friedrich-Ebert-Straße 10 und als dritte Ehefrau die Schusterstochter Maria Franziska von der Grün, die vermutlich im Hause ihrer Großeltern Breitestraße 23 geboren wurde. Kinder aus diesen beiden kurzen Ehe sind nicht bekannt.
Die Familie des Martin Gruber läßt sich bis 1735 zurückverfolgen. Er nahm sich die Metzgerstochter Anna Cunigunda Weingärtner aus dem Anwesen Rathausstraße 3 zur Ehewirtin. Deren einzige Tochter Maria Anna vermählte sich mit dem aus Amberg stammenden Kaufmann Nicolaus Valentin Mazillis.
Aus der Ehe Mazillis-Gruber ist nur ein Sohn namens Peter Xaver bekannt.
Dieser erwählt sich die Glasschleiferstochter
Barbara Zeh aus Ettmannsdorf zur Frau.
Das nächste Geschlecht der Pirzer oder Pürzer stammt aus Holzhaus und ist in der Stadt seit 1736 ansässig. Der Schmidssohn und gelernte Zimmermann nimmt sich die Metzgerstochter Franziska Bengler aus dem Anwesen Marktplatz 10 zur Ehefrau.
Aus dieser Familie sind vier Kinder bekannt. Der Sohn Max Pirzer wird
der Gründer der späteren Scheinerei Faderl. Die
Tochter Franziska Pirzer heiratet den verwitweten Seiler und Bürgermeister
Josef Forster.
Mit dem Gastwirtssohn Johann Christoph Einhenkel aus Weiden zieht ein
neues Geschlecht ins Haus. Einhenkel versteht es
sich zwei Ehefrauen aus kapitalkräftigen Familien zur Ehewirtinnen
zu erwählen. Die erste Ehefrau Eusebia war die Cousine von Konrad
Max Kunz und Witwe des Kaufmanns Sebastian Buchner der Mitbesitzer der
beiden Häuser Marktplatz 26 und Friedrich-Ebert-Straße 4 war.
Zwölf Jahre später wird die Posthalterstochter Franziska Mayer
aus dem Hause Marktplatz 3
die neue Herrin des Hauses.
Für den Bäckerssohn und Apotheker Ferdinand Altnöder
aus Tirschenreuth und seiner Ehefrau eine Privatierstochter aus
Regensburg war das Haus wohl nur eine Kapitalanlage. Seine Familiengeschichte
ist mehr mit dem Haus Marktplatz 22
verbunden.
Mit dem in Krondorf geborenen Schusterssohn Max Prechtl zog ein weiteres
Geschlecht in dieses Haus. Er hatte sich 1906
die Metzgerstochter Creszenz Obelt aus der Rathausstraße 6 zur
Frau genommen. Diese große Familie der Prechtl ist mit
Schwandorfer Familien durch Eheschließungen fest verbunden. Nur
zwei dieser zahlreichen Ehen sollen hier genannt werden.
Es ist die Doppelhochzeit vom 15.5.1923 des Bruders Friedrich mit der
aus Ramershof stammenden Maria Hüttner und der
Schwester Anna mit dem Bäckermeister Josef Beck. Die zweite Ehe
verbindetet die Familie mit der großen weiten Welt. Der
Bruder Josef hat die Köchin im Schloß Lindenlohe zur Frau
erwählt. Die beiden nahmen ihren Wohnsitz in Kanada.
1. Pesserl S 515
2. Liquidationsprotokoll HsNr. 104
3. HE 1960 S 87
4. HE 1970 S 89
5. Burgen der Oberpfalz
6. Die Wittelsbach S 190
7. StA Amberg Standbuch 880
8. 10 Jahre Jugendblaskapelle 1986, S 119